Urteil vom 18. März 2016 – V ZR 75/15: Die Parteien sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Auf dem Grundstück der aus 31 Wohneinheiten bestehenden Wohnanlage befinden sich nur sechs Pkw-Stellplätze; diese hatte die teilende Grundstückseigentümerin in der Teilungserklärung aus dem Jahr 1982 den Wohnungen Nr. 26 bis 31 zugeordnet. Den Wohnungen Nr. 1 bis 25 hatte sie jeweils einen Pkw-Stellplatz auf dem – damals in ihrem Eigentum stehenden – Nachbargrundstück zugeordnet und sich durch eine Baulast öffentlich-rechtlich verpflichtet, die Stellplätze der Wohnungseigentümergemeinschaft zur Verfügung zu stellen.
Seitdem werden die Stellplätze durch die Wohnungseigentümer genutzt. In der Folgezeit wechselte die Eigentümerin des Nachbargrundstücks. Die neue Eigentümerin widersetzte sich einer weiteren unentgeltlichen Nutzung des Grundstücks und bot den Abschluss eines Mietvertrages oder den Kauf des Grundstücks an. Daraufhin beschlossen die Wohnungseigentümer mit Stimmenmehrheit den Erwerb des Nachbargrundstücks durch die Wohnungseigentümergemeinschaft. Der Kaufpreis sollte maximal 75.000 € betragen und in Höhe von 15% von allen Eigentümern nach Wohneinheiten und zu 85% von den Eigentümern der Wohnungen 1 bis 25 als Nutzer der Stellplätze getragen werden.
Die von einer Wohnungseigentümerin erhobene Anfechtungsklage hat das Amtsgericht abgewiesen. Das Landgericht hat ihre Berufung zurückgewiesen.
Der u. a. für das Wohnungseigentumsrecht zuständige V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen, da die Beschlüsse der Wohnungseigentümer über den Grundstückserwerb und die Kostenverteilung nicht zu beanstanden sind.
Den Wohnungseigentümern fehlte nicht die erforderliche Beschlusskompetenz. Sie können grundsätzlich den Erwerb eines Grundstücks durch die Wohnungseigentümergemeinschaft als (teils)rechtsfähigen Verband beschließen. Der Erwerb des Nachbargrundstücks durch die Wohnungseigentümergemeinschaft entspricht auch ordnungsmäßiger Verwaltung, da das Grundstück für die Wohnungseigentumsanlage von Beginn an eine dienende und auf Dauer angelegte Funktion hatte und diese mit dem Erwerb aufrechterhalten werden soll. Die benachbarte Fläche diente seit Errichtung der Wohnungseigentumsanlage als Parkplatz und – über die Baulast – zugleich der Erfüllung des nach öffentlichem Recht erforderlichen Stellplatznachweises. Allerdings gewährt die Baulast den Wohnungseigentümern als Begünstigten weder einen Nutzungsanspruch noch verpflichtet sie die Grundstückseigentümerin, die Nutzung zu dulden. Wenn sich die Wohnungseigentümer vor diesem Hintergrund zur Schaffung einer klaren Rechtsgrundlage für den Erwerb des Nachbargrundstücks durch die Wohnungseigentümergemeinschaft entscheiden, entspricht dies ordnungsmäßiger Verwaltung.
Auch der gewählte Kostenverteilungsschlüssel, der sich an dem Nutzungsvorteil für den jeweiligen Wohnungseigentümer orientiert, ist nicht zu beanstanden.
Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 18.03.2016