Ist die Miete auch dann gemindert, wenn sich später herausstellt, dass keine Gesundheitsgefahr bestand?
Nach dem Einzug in eine Wohnung bemerkt manch ein Mieter, dass die Wohnung nach chemischen Stoffen riecht. Der Mieter ist natĂ¼rlich besorgt – besonders, wenn in der Wohnung Kinder wohnen. Sollte gerade ein Neugeborenes zur Welt gekommen sein, ist es nur verständlich, dass sich die Eltern groĂŸe Sorgen machen.
Zunächst rufen die besorgten Mieter die Hausverwaltung zu Hilfe. Die wiegelt oft erst einmal ab. Die GerĂ¼che seien gar nicht so schlimm. Der Mieter mĂ¼sse einige Tage ordentlich durchlĂ¼ften; dann sei der Geruch verflogen und das Problem gelöst.
Der chemische Geruch verfliegt aber nicht und Wochen später, nachdem die Situation sich nicht gebessert hat und noch immer der Verdacht einer Belastung der Raumluft mit toxischen Stoffen besteht, verlassen die Mieter entnervt die Wohnung. NatĂ¼rlich wollen sie, dass der Vermieter ihnen einen Teil der gezahlten Miete ersetzt. Sie meinen, dass die Miete wegen Geruchsbelästigung und Gesundheitsgefahren gemindert war.
Ein später eingeholtes Raumluftgutachten bestätigt, dass die Konzentration in der Luft mit Schadstoffen zwar erhöht sei, aber zu keinem Zeitpunkt eine akute Gefahr der Mieter bestanden hat. Die Hausverwaltung lehnt einen Anspruch des Mieters auf RĂ¼ckzahlung von Ă¼berzahlter Miete und auf Umzugskosten u.a. deshalb ab.
Ein älteres Urteil des Amtsgericht Schöneberg (Az.: 6 C 32/92) hat die Rechte des Mieters in derartigen Fällen gestärkt. Der Mieter durfte allein wegen eines unangenehmen Geruchs chemischer Stoffe 90 % der monatlichen Miete einbehalten. Das Gericht ging von dem begrĂ¼ndeten Verdacht des Mieters aus, dass von den Lösungsmitteln und chemischen GerĂ¼chen eine Gesundheitsgefahr ausgeht. Der Vermieter musste dem Mieter die Gutachterkosten ersetzen.
Andere Gerichtsurteile (etwa das Landgericht LĂ¼beck, Az. 6 S 161/00) setzen deutlich höhere HĂ¼rden dafĂ¼r, dass ein Mieter von einer Gesundheitsgefährdung ausgehen darf.
Insgesamt ist aufgrund der nicht eindeutigen Rechtslage Vorsicht angebracht.
Fachanwaltstipp Mieter: Sollten Sie chemische GerĂ¼che wahrnehmen, mĂ¼ssen Sie dies zunächst bei der Hausverwaltung anzeigen. Sie sollten auch möglichst schnell ein Raumluftgutachten erstellen lassen. Die Voraussetzungen einer Minderung sind relativ schnell erfĂ¼llt. Bei starken chemischen GerĂ¼chen dĂ¼rfte wohl stets ein begrĂ¼ndeter Verdacht einer Gesundheitsgefahr bestehen. Sie sollten allerdings nicht eigenmächtig Miete einbehalten, sondern erst einmal die Miete unter Vorbehalt weiterzahlen und die Ă¼berzahlte Miete später zurĂ¼ckfordern. Sollte eine Gesundheitsgefahr bestehen, sollten Sie die Wohnung lieber frĂ¼her als später verlassen. Ob dies im Rahmen einer fristlosen KĂ¼ndigung geschehen soll, muss aber sorgfältig geprĂ¼ft werden.
Fachanwaltstipp Vermieter: NatĂ¼rlich ist nicht jede Geruchsbelästigung gleich ein Grund fĂ¼r eine fristlose KĂ¼ndigung. Dennoch sollten Sie schnell reagieren und die Ursachen fĂ¼r die Geruchsbelästigung zĂ¼gig ermitteln. Sollte wirklich ein begrĂ¼ndeter Verdacht fĂ¼r eine Gesundheitsgefahr bestehen, kann das Mietverhältnis u.U. fristlos gekĂ¼ndigt werden. Sollte Ihr Mieter allerdings ohne begrĂ¼ndeten Verdacht fristlos gekĂ¼ndigt haben, ist die KĂ¼ndigung wohl unwirksam. Sie können dann (soweit kein Minderungsrecht besteht) die Miete bis zum Ablauf der Mietzeit verlangen.
Ein Beitrag von Fachanwalt fĂ¼r Miet- und Wohnungseigentumsrecht Alexander Bredereck und Rechtsanwalt Dr. Attila Fodor Berlin